"El éxito se mide por el número de ojos que brillan a tu alrededor". Benjamin Zander
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Die Zeit von Carlo Ancelotti bemisst sich in Monaten: Er nahm 12 Monate Auszeit; er war für zwei Monate der erste auf einer Warteliste; und in sechs Monaten wird er in neuer Mission unterwegs sein. Carlo Ancelotti ist nicht nur ein sanfter, auf Dialog bedachter und kluger Mensch, er ist ein großartiger Trainer – mit dem Profil „Administrator“. Von ihm sind keine großen neuartigen phantasievollen Vorschläge oder große ideologische Konstrukte zu erwarten, die er in einer Fußballmannschaft realisieren will. In seinem Buch „Mein Weihnachtsbaum“ definiert Ancelotti sich selbst. Es stellt sich nackt vor den Spiegel, und was wir sehen, ist ein Trainer mit sehr großer Anpassungsfähigkeit an die Umgebung, in der er sich bewegt.
Ancelotti gehört mit Sir Alex Ferguson und Pep Guardiola zu den Trainern mit den meisten großen europäischen internationalen Titeln der Geschichte (jeder hat acht errungen), daher lohnt es sich, den italienischen Trainer näher zu betrachten.
Schauen wir zunächst einmal auf die nackten Zahlen. Um als Trainer diese acht Titel zu erreichen, benötigte Ancelotti mit 17 Saisons nur die Hälfte der Spielzeiten im Vergleich zu Alex Ferguson (35 Spielzeiten), aber genau dreimal so lange wie Guardiola, der die Titel bereits in seinen ersten sechs Spielzeiten auf der Trainerbank angesammelt hat. Ancelotti besitzt die meisten Champions League Trophäen (drei im Vergleich zu den jeweils zwei seiner Kollegen), genauso viele wie Bob Paisley, dem legendären Trainer von Liverpool in den späten 70ern. Angesichts der Erfolgsbilanz und der Zahlen von Van Gaal (fünf große Titel) und Mourinho (drei), sind auf kurze und mittlere Sicht wohl nur Ancelotti und Guardiola in der Lage, mehr als zehn zu gewinnen, was ein Impuls zu großer Rivalität zwischen den beiden in den kommenden Jahren werden könnte.
Während sich Ancelotti international auf dem Niveau zweier außergewöhnlicher Trainer bewegt und sie bei der Anzahl der Europapokale überflügelt hat, so sind seine Erfolge in nationalen Wettbewerben geringer: Er hat in 17 Spielzeiten acht Trophäen gewonnen, während Ferguson in seinen 35 Jahren auf 42 kommt; bei Guardiola sind es in sechs Spielzeiten 11 Titel. Die Ligen sind, wenn man so will, Ancelottis Makel: Er kommt auf drei (eine Meisterschaft mit Mailand, eine mit Chelsea und die dritte mit PSG), Ferguson hingegen auf 17 in Schottland und England, Guardiola hat in Barcelona und Bayern fünf Meisterschaften gewonnen und ist mit den Bayern auf dem Weg zur sechsten.
Welche Konzepte einverfolgt der Italiener? „Ien der heutigen Zeit, wo die wirtschaftlichen und kommerziellen Interessen zu Entscheidungen zwingen, die über die rein sportlichen Anforderungen eines Trainers hinausgehen, muss der Trainer sein ganzes Wissen einsetzen, um sich anzupassen.“ So beginnt seine Beschreibung des modernen Trainers und damit auch von sich selbst.
Ancelotti definiert sich geradezu als „Instrument der Anpassung“ an seine Umgebung. Ob er über Berlusconi spricht (er vermeidet es, über die Präsidenten seiner letzten Stationen ähnlich offen wie über ihn zu schreiben) oder die unmittelbare Umgebung des Clubs. Über Chelsea schreibt er zum Beispiel: „Es geht um eine sehr wichtige professionelle Beziehung, die eine große technische Integrationsfähigkeit und positive Adaption erfordert.“
In seinem Buch zeigt sich zudem, dass hinter Ancelotti keine starke fußballerische Ideologie steckt wie das der Fall ist bei Arrigo Sacchi und Pep Guardiola. Vielmehr wird klar, dass Ancelotti eine fast chamäleonartige Fähigkeit hat zu verstehen, wo er ist, wer im Club das Sagen hat, welche Beziehungen und Kräfteverhältnisse innerhalb der Kabine herrschen und was bei der jeweiligen Gelegenheit am besten zu tun ist. Das ist eine sehr mächtige Tugend.
Ancelotti beschreibt seine Entwicklung von Mailand mit seiner dortigen Obsession für die konstante Überprüfung der Belastung der Spieler (inklusive archaischer Arbeit auf Sandplätzen) hin zum Ansatz der integrierten der Ausbildung, den er in Chelsea zu praktizieren begann. Er beschreibt im Detail den Verzicht auf das 4-4-2-System, das ihm am Anfang noch unantastbar gewesen war und den Weg hin zum 4-3-2-1 (der den Buchtitel schmückende Tannenbaum) und dessen zahlreiche Varianten, mit denen er sich an die jeweiligen Spiele anpasste.
Dazu zählt auch das Jahr 2014 bei Real Madrid mit den Verletzungen von Cristiano Ronaldo und Gareth Bale: Er setzte wieder auf ein 4-4-2, was erheblich dazu beigetragen hat, in dem Jahr die Copa del Rey und die Champions League zu gewinnen. Ancelotti erklärt: „Das ist es, was ich unter der Flexibilität des Denkens verstehe. Auch wenn man einen klaren taktischen Standpunkt besitzt, ist es doch notwendig, dass der Trainer immer die Möglichkeit in Betracht zieht, eine Anpassung des Systems noch während des laufenden Spiels vorzunehmen.“
Man sollte Ancelottis Anpassungsfähigkeit als vorteilhaft bezeichnen und ihm einen positiven Einfluss auf den Fußball von heute zuschreiben.
„Im Fußball ist nichts garantiert, aber jede Situation analysiert man, um Anzeichen und Anlässe für die eigene Weiterentwicklung herauszufiltern.“
Es ist ein wiederkehrendes Thema von Ancelotti: die Fähigkeit, aus Fehlern zu lernen, um sie in der Zukunft zu korrigieren. Er erinnert immer an das historische Champions League-Finale Liverpool-Mailand, das mit einem Sieg der Mannschaft von Rafael Benítez endete, die eine Drei-Tore-Führung drehte, mit der Ancelottis Mailand zur Halbzeit noch in Führung lag. Diese Erinnerung wurde aber nicht zu seinem Alptraum, sondern zu einem Anlass, sich zu korrigieren:
„Heute, nach Überprüfung im Lichte einer ruhigen taktischen Analyse, könnte man sagen, dass wir auf die Wechsel unseres Rivalen besser hätten reagieren müssen (…) Ich denke dabei an Interventionen auf halbem Weg zwischen rein taktischen und mentalen Anpassungen. Im Verlauf des Spiels kommt es vor, dass der Spielstand und die scheinbare Überlegenheit das Verständnis für negative Mikrosignale vermindern, so dass ein unmerklicher, aber stetiger Wandel nicht mehr richtig überprüft wird (…) Es stimmt zwar, dass sich in Istanbul alles binnen nur sechs Minuten vollzog und damit innerhalb eines Zeitraums, der nur sehr wenig Raum für eine Intervention und Reflexion ließ: Aber bedenken Sie, dass es genau darum noch wichtiger ist, die Wahrnehmung für einen Wandel zu schärfen (…) Diese Betrachtung (…) halte ich für wichtig, weil es dazu geführt hat, dass ich später in meiner Karriere meine Interventionen verstärkt habe, und versuche, mich an Situationen zu orientieren, möglichst während sie noch im Entstehen sind.“
Hier erleben wir einen selbstkritischen Ancelotti, wie es für einen modernen Trainer ungewöhnlich ist. Schätzt man sie doch mehr für ihre emotionalen Ausbrüche oder kraftvolle Aussagen als für den Geist der Fehleranalyse und für das Lernen aus ihnen mit dem Ziel von Korrekturen. Selbstkritik wird von Journalisten und Fans zwar eingefordert, hat aber ein sehr schlechtes Ansehen.
Sicher ist, dass Ancelottis emotionale Intelligenz ein gewaltiges Kapital ist. Ancelotti hat Teams unter der Regie von einzigartigen Persönlichkeiten geleitet: Beim AC Milan war es Silvio Berlusconi, bei Chelsea Roman Abramowitsch, der Scheich Nasser Al-Khelaifi bei PSG sowie das Real Madrid von Florentino Perez. Niemand, der nicht über ein hohes diplomatisches Geschick und eine angeborene Fähigkeit zu Spiegelfechtereien verfügt, könnte unter so dominanten Persönlichkeiten so lange überleben. In diesem Zusammenhang ist es interessant zu lesen, wie Ancelotti seine Abendessen mit Berlusconi beschreibt:
„Bei den mythischen Pre-Match-Dinnern im Trainingszentrum von AC Milan, dem Milanello, sprach man über alles, einschließlich Entscheidungen des Trainers, aber ohne dass es jemals direkt irgendeine Anregung oder Störungen gab. Wie ich bereits im Buch „Preferisco la Coppa“ erzählte, war es immer ich selbst, der die Aufstellung machte – wenn auch der Präsident (also Berlusconi) mich immer wieder mal fragte, warum ich einen Spieler nicht aufstellte, insbesondere, wenn es sich um einen seiner Lieblingsspieler handelte.“
Ancelotti wirft in seinem Buch zudem einen interessanten Blick die Anwendung seines Spielverständnisses auf Grundlage der verfügbaren Spieler – auch wenn es ein Blick ist, über den man eine Debatte führen sollte:
„Wenn man wichtige Spieler trainiert, insbesondere Champions, sollte der Trainer sich bewusst sein, dass er flexibel sein muss, dass es für diese Spieler notwendig ist, ihnen ideale Verhältnisse zu bieten, damit sie das Maximum aus sich herausholen können. Es gibt keinen anderen Weg! Es ist falsch, sich auf ein Spielsystem zu fokussieren, das einem selbst als Ideal gilt; was der Trainer tun muss, ist ein System zu erschaffen, das sich an die Eigenschaften der Spieler anpasst, die er zur Verfügung hat und in dem sie sich wohlfühlen (…). Ein Vorschlag: Wenn wir über so viele hervorragende Spieler verfügen, ist das Wichtigste zunächst, eine fundamentalistische und maßlose Haltung zu vermeiden, denn das würde auf lange Sicht zu einem Faktor werden, wegen dem die Gruppe auseinanderfallen lassen würde.“
Zusammengefasst ist in diesem Sinne Ancelottis Profil das eines Administrators und Managers, nicht das eines Architekten oder Konstrukteurs. Und aus diesem Grund ist Ancelotti viel mehr geeignet, ein reiches taktisches Erbe anzutreten statt bei Null zu beginnen und ein solches Erbe zu erschaffen. Er ist geeignet, der Nachfolger von zu sein.
* Aus dem Spanischen übersetzt von Stefen Niemeyer
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